Ein wesentlicher Punkt wird in dieser Diskussion immer wieder vergessen: Der Kammerzwang verstößt schon gegen Art. 1 GG.Denn. Er entmündigt und bevormundet in entwürdigender Art und Weise volljährige und uneingeschränkt geschäftsfähige Handel- und Gewerbetreibende, ihre Selbstverwaltung und Interessenvertretung selbst zu regeln. Obwohl der Art. 9 GG, bes. (1) und (3,1) dies ausdrücklich garantiert, ist es uns trotzdem nicht gestattet, z. B. selbst Kammern zu gründen und eigenverantwortlich zu führen, auf dem Boden unseres Grundgesetzes, mit freiwilliger Mitgliedschaft und demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen ohne die Diktatur von Vertretern größerer Unternehmen, die die Vollversammlungen der existierenden Kammern dominieren wie fast alle berufsständischen Vereinigungen, übrigens ganz im Gegensatz zu ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung. Auch nach dem Subsidiaritätsprinzip ist der Kammerzwang nicht vertretbar. Weiterhin verstößt die Finanzierung der Kammern massiv gegen das Konnexitätsprinzip, weil die Haupt-Nutznießer des Kammerzwangs, die kommunalen, städtischen und staatlichen Stellen sich nicht paritätisch daran beteiligen. Diese erhalten bekanntlich fast alle Kammerleistungen kostenlos, genauer gesagt auf Kosten der Beitragszahler, obwohl sie weder Kammermitglieder noch Kammerbeitragszahler sind.
Auch das Verursacherprinzip wird dabei nicht angewendet, wie die geringen Einnahmen aus Gebühren und Entgelten aus dem Angebot und dem Verkauf der Kammerleistungen zeigen. Bereits heute könnten die Kammern ihre Einnahmen aus Gebühren und Entgelten aus dem Angebot und dem Verkauf ihrer Leistungen vervierfachen, wenn sie konsequent nur noch Bagatellauskünfte kostenlos erteilen und alle anderen Leistungen den Auftraggebern bzw. Empfängern wenigstens kostendeckend in Rechnung stellen würden. Derzeit decken diese Einnahmen noch nicht einmal 30% der Personalkosten/20% der Kammerhaushalte). Hier müssen unbedingt die Einnahmen erhöht oder unproduktives Personal abgebaut werden (bundesweit ca. 5.000 Kammerangestellte einschl. 400 „Geschäftsführer“). Ferner kann von Beitragsgerechtigkeit keine Rede sein, wenn kleine und mittlere Unternehmen in Relation zu ihren Gewinnen oder Erträgen höher belastet werden als Großunternehmen. Hier müssten dringend ein Freibetrag in Höhe der fiskalischen Kleinunternehmerregelung sowie eine Beitragsprogression eingeführt werden.Ω
Christoph Höll
Montabaur